Montag, 31. August 2015

Vancouver Island

Mit der Faehre ging es vom Festland auf Vancouver Island, die sich 450 km entlang der Westkueste streckt. Auf dem Schiff lernte ich Alex kennen, der sich spontan entschloss, sich mir fuer die Wanderung anzuschliessen. Angekommen in Victoria schauten wir uns die wirklich sehr schoene Stadt mit ihren perfekt gepflegten und aufwaendig gestalteten Parks an und kochten zusammen Abendessen im Hostel, das Alex schon gebucht hatte.
Kurz bevor es dunkel wurde machte ich mich auf den Weg einen Schlafplatz fuer mich zu suchen, wo ich unbemerkt mein Zelt aufschlagen konnte. Als ich durch einen der riesigen Parks lief wurde gerade eine gigantische Leinwand fuer ein Open-Air Kino aufgebaut, was ich mir natuerlich nicht entgehen liess. Anschliessend zeltete ich in einem kleinen Waldstueck.
Als Alex und ich am naechsten Morgen im Hostel fruehstueckten, lernten wir noch Eva und Imke kennen, die sich uns auch noch spontan fuer den Hiking Trip anschlossen. Mein Zelt ist zwar nur fuer 3 Personen gedacht, aber das wird schon irgendwie funktionieren.
Frisch gestaerkt machten wir uns also auf dem Weg zum Einstieg des Juan de Fuca Trails, der entlang der Sued-West Kueste der Insel verlaeuft. In 2er Teams war das Trampen auch kein Problem.

Die naechsten drei Tage wanderten wir nun auf dem wunderschoenen Trail, der sich die Kueste entlang schlaengelt, teils durch maerchenhaften Wald mit uebertrieben grossen Baeumen und mit Farn bewachsenem Boden, teils direkt am dem Strand verlaufend. Da sich direkt an der Kueste eine Bergkette auftuermt, ging es staendig bergauf und -ab und mehrfach wurden Fluesse auf Haengebruecken ueberquert.
Pro Tag trafen wir lediglich auf 2 bis 3 andere Wandergruppen, ansonsten waren wir alleine in der unberuehrten Natur unterwegs. Abends bauten wir das Zelt jeweils an einer schoenen Stelle des Strands auf, machten Lagerfeuer und kochten uns was Feines zu Essen.
Eine unbeschreibliche Atmosphaere mit dem Feuer, Sonnenuntergang und dem (fast) Vollmond. Vor einem das Rauschen des Pazifiks und hinter einem dichter Wald.
An einem Abend raschelte es auf einmal laut im ca 20 Meter entfernt beginnenden Wald und ein im Licht der Taschenlampe gruen leuchtendes Augenpaar schaute uns aus der Finsternis an. Ein Baer, Puma oder doch nur ein Reh? Immerhin ist auf Vancouver Island eine der groessten Populationen an Schwarzbaeren und Pumas.
Nachdem wir laut mit den Topfdeckeln klapperten, verschwand das leuchtende Augenpaar nach ein paar Minuten jedoch wieder in der Dunkelheit.

An einem Mittag baute ich mit Alex ein Floss aus gestrandeten Baumstaemmen, das wir mithilfe der Zeltplane zu einem voll funktionsfaehigen Segelboot aufpimpten. Der eigentliche Plan war es, zur amerikanische Kueste zu segeln. Leider hatten wir Seewind, weshalb wir schon nach wenigen Minuten wieder an den Strand der Insel zurueckgepustet wurden. Dennoch hatten wir eine Menge Spass.

Nach der Wanderung kauften sich die Maedels einen Van und luden mich ein, mit ihnen noch einen Trip nach Tofino zu machen, einem kleinen Fischerdorf, das inzwischen aufgrund der hohen Wellen ein Surfer Hotspot geworden ist. So cruisten wir zusammen noch drei Tage durch die wunderschoene Landschaft des Suedens der Isel, machten Tagestouren und angelten in den zahlreichen Fluessen. Tatsachlich fing ich meinen ersten Lachs, der auch noch vorzueglich schmeckte!






Mittwoch, 19. August 2015

Vancouver

Wow jetzt sind doch wieder zwei Wochen vergangen, seit dem letzten Blogeintrag. Die Zeit geht hier einfach viel zu schnell rum!
Dann versuche ich mal am letzten Bericht anzuknuepfen...
Mein Plan war es also von Calgary nach Kelowna zu trampen, ein kleines Staedtchen in den Rockymountains an einem grossen See. Dies bat sich an, das es auf halber Strecke nach Vancouver liegt. Kurz nach Calgary wurde ich beim Trampen jedoch von Alana mitgenommen, mit der ich mich super verstand. Sie war auf dem Weg in das 8h noerdlich meiner eigentlich geplanten Route gelegene Hinton, das in der Naehe des Jasper Nationalparks liegt und konnte nicht glauben, dass ich Kanada verlassen wollte, ohne in Jasper gewesen zu sein und lud mich ein mitzukommen. Ich koenne ein paar Tage in ihrer Wohnung bleiben und von dort aus Tagestrips in den Nationalpark machen.
Nach kurzer Ueberlegung nahm ich die Einladung dankend an. Warum eigentlich nicht einen kleinen Schlenker in den Norden machen. Schliesslich habe ich ja Zeit.

Am naechsten Tag trampte ich zu den im Jasper Nationalpark gelegenen Columbia Icefield Gletschern. Von meinem Fahrer bekam ich den Geheimtipp fuer eine Wanderroute abseits der von Touristen ueberlaufenen Gegend. Und tatsaechlich stellte sich der 4-Stunden Marsch als traumhafter Trail heraus, mit atemberaubendem Panorama ueber die Rocky Mountains und den Gletscher. Ich sah fast keinen Menschen und begegnete sogar einer Herde Bergziegen, denen ich mich bis auf wenige Meter naehern konnte. Beeindruckende Tiere mit ihren riesigen im Kreis gebogenen Hoernern. Und staendig wurde ich vom Pfeifen der Murmeltiere begleitet.
Anschliessend machte ich mich auf die Besteigung des Gletschers. Da es mich langsam hungerte und fror, beschloss ich mit meinem Kocher Nudeln in geschmolzenem Gletschereis zu kochen. Leider gab der Kocher den Geist auf. So reduzierte sich das Essen auf Erdnussbutter.

Alana arbeitet fuer die Regierung und wohnt in einer Art staatlichem Wohnheim, wo sie kostenlos Essen bekommt. So ueberlegten wir uns einen "Regierungsjob" fuer mich, in dem ich beschaeftigt bin, falls mich jemand fragt, sodass ich zum Essen mitkommen konnte. Das Buffet war reichhaltiger als in jedem Sternehotel und es wurden sogar Vespertueten zum Einpacken des Essens zur Verfuegung gestellt. Ein Traum!

Von Hinton trampte ich drei Tage spaeter weiter Richtung Vancouver. Die Entfernungen hier sind echt immens! Teilweise faehrt man stundenlang durch die Wildnis, ohne ein Haus zu sehen.
Ein Fahrer lud mich mittags zu sich nach Hause ein, wo wir gemeinsam kochten und ein Bier tranken. Anschliessend ging es weiter. Bei Einbruch der Daemmerung kam ich in einem kleinen Staedtchen an, wo ich auf ein Backpackerpaerchen aus Quebeck traf, die wie ich auf der Suche nach einem Schlafplatz waren. Wir verstanden uns auf Anhieb super und beschlossen gemeinsam auf einem Huegel ausserhalb der Stadt unsere Zelte aufzuschlagen. Anschliessend kochten wir uns einen Tee und sassen noch bis spaet in der Nacht auf dem Huegel unter einem bilderbuchreifen Sternenhimmel mit unvergesslichem Ausblick uber das, in ein Tal der Rocky Mountains geschmiegte Staedtchen.

Morgens packten wir unsere Zelte zusammen und verabschiedeten uns. Waehrend ich nur noch ein paar Stunden Weg gen Westen vor mir hatte, mussten die beiden noch ganz Kanada bis zur Ostkueste durchqueren.
Kurz vor Vancouver wurde ich von Vince mitgenommen, der mich bis vor die Haustuer meiner Verwandten brachte, die ich hier besuchen wollte. Vince ist ein super netter Typ in meinem Alter, der mich gleich zum Badminton Spielen am naechsten Tag einlud.
Von meinen Verwandten (Sohn der Cousine meines Grossvaters, die ich vorher noch nie gesehen hatte) wurde ich super herzlich empfangen und bekam ein luxurioeses Gaestezimmer mit Kingsize Doppelbett. Deren riesiges Haus ist traumhaft gelegen mit grossem, auf einer Anhoehe gelegenen Garten mit Blick auf den Fraser River. Zu Abend gab es feinstes Rindersteak mit frischem Salat und Serrano Schinken.
Etwas luxurioeser im Vergleich zum Leben im Wald...

In den folgenden Tagen schlenderte ich durch Vancouver, fuhr mit dem Fahrrad durch den riesigen Stanley Park, fuhr mit dem Seabus und traf mich mit Vince und seinen Freunden zum Grillen und Badminton spielen.
Vince wohnt in einer Wohnung eines Wolkenkratzers mitten im Zentrum, auf dessen Dachterrasse man einen gigantischen Ausblick ueber die ganze Stadt und die nahe gelegenen Berge hat.
Vancouver ist echt eine tolle Stadt, die mir auf Anhieb gefallen hat!
Ausserdem braut Vince sein eigenes Bier, so richtig mit Maische ansetzen und so weiter. Ich durfte beim Ansetzen dabei sein und bekam alles erklaert. Sobald ich meinen Campervan habe, werde ich das auch machen!

Von Donnerstag bis Sonntag nahm mich meine Cousine (3. Grades) zusammen mit ihrem Freund und anderen Freunden mit auf ein Biker-Festival in einer 3h entfernten kleinen Stadt. Die Familie hat dort praktischerweise eine Ferienwohnung, wo wir unterkommen konnten. Es gab Redbull-Downhill-Shows, verschiedene Aktionen und viel Party. Am Freitag machten wir tagsueber eine Wanderung zu einem wunderschoenen, tuerkisblauen Gletschersee in den Bergen.

Seit Montag habe ich mir jetzt verschiedene Campervans angeschaut, die allesamt traumhaft aussehen. Ich kann es kaum erwarten in meinem fahrenden Zuhause die Westkueste runter zu cruisen.
Morgen werde ich nach Vancouver Island aufbrechen und dort mit dem Zelt eine Mehrtageswanderung die Kueste entlang machen.
Bilder der letzten Wochen lade ich die Tage hoch!

Mittwoch, 5. August 2015

Into the wild

Seit Sonntag sind wir nun wieder in der Zivilisation angekommen und haben eine erlebnisreiche Zeit hinter uns, die teilweise echt hart war, die ich aber mein Leben lang nicht vergessen werde.
Dieser Blogeintrag wird wohl etwas laenger werden. In Zukunft werde ich in kleineren Abstaenden berichten um euch nicht mit so viel Text zu ueberfordern. Da ich im Wald jedoch nirgends W-LAN gefunden habe, konnte ich mich nicht frueher melden.

Von Calgary aus sind wir nach Canmore getrampt, wo wir auf der Strasse einen sehr netten, freundlichen Mann kennenlernten, bei dem wir eine Woche lang kostenlos gewohnt haben. Von dort aus machten wir Tagestrips in den direkt angrenzenden Banff Nationalpark und einen 3-Tagestrip in die Wildnis, um uns auf den geplanten Into-the-wild Trip vorzubereiten.

Um einen kleinen Eindruck der letzten drei Wochen zu vermitteln, schreibe ich ein paar Passagen aus meinem Tagebuch auf:

Tag 1
Nachdem wir uns bei Vince fuer die 6 Tage Aufenthalt bedankt hatten, trampten wir die etwa 150km zu den Kananaski Lakes. Trampen ist hier echt kein Problem. Mit einem Schild, auf dem der Namen der Zielstadt steht, am Highway stehend, wird man schnell mitgenommen.
Angekommen an dem bilderbuchhaften See, wanderten wir noch etwa 3 Stunden in das beginnende Elk Valley hinein. Ein etwa 100 km langes, bewaldetes Tal, das links und rechts von schroffen Gebirgszuegen der Rocky Mountains eingeschlossen ist, auf deren Gipfeln teilweise noch der Schnee schimmert. In der Mitte des Tals schlaengelt sich der Elk River, ein derzeit nur etwa huefttiefer Fluss, der im Fruehjahr jedoch ein reissender Strom sein muss.
Eine wirklich traumhafte Kulisse, wie man sie aus Kalenderbildern kennt! Und dazu noch komplett alleine. Das letzte Dorf liegt etwa 20 km hinter uns und das naechste 100 km vor uns. Dazwischen nur Wald und Berge.
Neben zwei Angeln, einem Luftdruckgewehr und Draht fuer Hasenfallen haben wir 4,5 kg Reis und ein paar letzte Haferflocken im Gepaeck. Dies entspricht 7200 kcal pro Person, was bei unseren Aktivitaeten dem Energiebedarf von etwa 2 Tagen entspricht.
Mal schauen, wie lange wir durchhalten. Zumindest Wasser sollte kein Problem sein, wenn wir uns immer entlang des Flusses bewegen.
Bloederweise zerbrach uns direkt am ersten Abend eine der beiden Angeln, ohne dass wir auch nur einen Fisch geangelt haetten. Immerhin bleibt uns eine weiter Angel, auf die wir in Zukunft jedenfalls hoellisch aufpassen werden!
Zum Abendessen gab es Eintopf mit ein bisschen Reis, Loewenzahnblaetter und -Wurzeln, Kleeblueten und einem Frosch. Dank des Gemuesebruehepulvers, das wir noch besorgt hatten, schmeckte es sogar garnicht schlecht. Jedenfalls waren wir einigermassen satt und konnten gut schlafen.

Tag 2
Nachdem wir gediegen ausgeschlafen hatten, machten wir uns voller Tatendrang auf den Weg gen Sueden, dem Fluss stromabwaerts folgend. Auf meinem GPS sah ich, dass das Gelaende auf der anderen Seite des Flusses begehbarer aussah, sodass wir beschlossen diesen zu ueberqueren.
Das Wasser war etwa huefttief und hatte eine verdammt starke Stroemung, die wir eindeutig unterschaetzt hatten. Die etwa 25 kg Gepaeck auf dem Ruecken machten die Sache auch nicht gerade einfacher.
Dummerweise rutschte ich auf einem Stein aus und fiel samt Rucksack ins Wasser, wo ich ein paar Meter mitgerissen wurde, bevor ich wieder Griff unter den Fuessen bekam. Das Wasser war auch noch schweinekalt, da es direkt von den letzten Schneeresten der Berge kam.
Als wir endlich am anderen Ufer ankamen fing es auch noch prompt zu regnen an. Drum betraten wir den Wald und suchten einen Platz, um das Zelt aufzuschlagen.
Anschliessend machten wir uns auf Erkundungstour. Gluecklicherweise hatten sich die Wolken wieder verzogen und die Sonne strahlte warm herunter.
Tatsaechlich haben wir hier das Paradies gefunden! Der Fluss schlaengelt sich durch Wiesen und Waelder und im Hintergrund tuermt sich das Gebirge links und rechts von uns auf. Ueberall sind verschiedene Spuren und Kot von Tieren zu sehen. Der Groesse nach muss es sich um Elche und Bergziegen handeln. Beide haben wir uebrigens auf dem Weg hier her am Strassenrand schon gesehen.
Als wir uns voellig erledigt in die Sonne ans Flussufer setzten um unsere verfrorenen Koerper wieder aufzuwaermen, merkte ich, dass mein Fusszeh etwas schmerzte. Jetzt erst sah ich, dass ich mir bei dem Sturz im Fluss wohl das Fleisch unterm Fuszeh aufgerissen hatte. Von dem Nagel werde ich mich wohl verabschieden muessen. Zumindest habe ich das Erste-Hilfe-Set nicht umsonst mitgenommen.
Abends im Zelt begann der Zeh an richtig zu pochen und wehzutun.

Tag 3
Das war mal ein erfolgreicher Tag heute! Der Zeh tut nicht mehr weg, hat sich also zum Glueck nicht entzuendet.
Wir zogen weiter flussabwaerts und schossen schon nach kurzer Zeit einen kleinen Vogel und eine Kroete. Direkt machten wir ein Feuer und verspeisten beide zum Fruehstueck. Etwas mau aber besser als nichts.
Weiter ging es durch den Wald, entlang des Flusses. Hier muss es von Tieren nur so wimmeln! Ueberall sind frische Fussspuren und Kot. Ein komisches Gefuehl zu wissen, dass die Tiere genau wissen wo man ist, sich aber nicht zeigen.
Ein Ranger erzaehlte uns, dass das Elk Valley eines der von Grizzlies meist bevoelkerten Gebiete der Welt ist. Ausserdem soll es Woelfe und Pumas geben, vor denen man sich in Acht nehmen muss. Normalerweise greifen einen Pumas jedoch nicht an, wenn man zu zweit ist. Darum waren wir darauf bedacht, uns nie weiter als unbedingt notwendig voneinander zu entfernen.
Sollten wir einen Puma zu Gesicht bekommen sei es jedoch sowieso schon zu spaet, meinte der Ranger.
Als wir auf eine Lichtung kamen, flatterte es auf einmal ein paar Meter neben uns. Ein fettes Rebhuhn! Ich zueckte das Gewehr und traf den Vogel am Kopf. Dennoch flog er auf und setzte sich irgendwo im Wald auf eine Baumkrone.
Da er schwer verletzt sein musste, versteckten wir uns im Gebuesch und warteten darauf, dass es entweder tot vom Baum fiel oder zumindest zu Boden flog. Umgeben von Wolken von Fliegen und Mosquitos gaben wir eine halbe Stunde spaeter auf. Das arme Tier tat uns sehr Leid.
Keine 10 min spaeter sahen wir wieder ein Rebhuhn. Diesmal liess ich mir mehr Zeit zum Zielen und traf den Vogel direkt toetlich. Das gibt ein Festmahl!
Als waere das nicht genug, angelten wir nachmittags noch zwei Regenbogenforellen aus dem Fluss und verspeisten unsere Beute abends am Lagerfeuer neben dem Fluss, waehrend die Sonne in leuchtendem rot hinter den Gipflen der Rocky Mountains versank.
Ein einfach traumhafter und unvergesslicher Moment der Freiheit!
Als nicht so kroenender Abschluss des Tages bekam ich ziemlich ueblen Duennschiss. Ich wette das kommt von der Kroete, die ich heute mittag gegessen hatte. Die hat schon so bitter geschmeckt...

Tag 4
Ich fuehle mich schwach und habe starkes Herzklopfen. Hoffentlich habe ich mir mit der bloeden Kroete nichts eingefangen.
Nachdem ich etwa eine halbe Stunde in der Morgensonne am Fluss gelegen habe, raffe ich mich auf um ein paar Haferflocken zu essen. Und siehe da, ratz fatz fuehle ich mich fit wie ein Turnschuh. So langsam scheint der Koerper ernaehrungsmaessig wohl an seine Grenzen zu kommen. Wir konnten bisher zwar recht ausgiebig essen, aber das wiegt wohl nicht die Energie auf, die wir tagsueber verbrauchen um durch den Wald zu stapfen. Es wird Zeit, dass wir einen Ort finden, an dem wir ein paar Tage bleiben koennen.
Auf dem Weg weiter stromabwaerts schossen wir wieder ein Rebhuhn und angelten 7 Forellen! Das ist einerseits toll weil man sich auf ein leckeres Abendessen freuen kann, andererseits tickt ab dem Tod des Tieres die Uhr, weil es bei der Waerme schnell verdirbt. Ganz zu schweigen von dem leckeren Duft des Fleisches, der auch Baeren und Pumas anlockt.
Ich muss zugeben, dass ich mich ziemlich unwohl fuehle, durch den Wald zu stapfen mit einer Tuete voller Fisch und Rebhuhn, die an meinem Rucksack baumelt.
Nachmittags kamen wir an eine Stelle, wo der Fluss etwas breiter wurde und an dessen Ufer sich ein riesiger Kiesstrand befand. Hier beschlossen wir zu bleiben.
Ganz in der Naehe befindet sich sogar eine Lichtung, voll mit leckeren Walderdbeeren! Ein traumhafter Ort!
Diese Lichtung hat vor Jahren (oder Jahrzehnten) wohl mal jemand zum Jagen genutzt und provisorisch einen Unterstand aus Holzplatten gebaut, der inzwischen in sich zusammengesackt ist. Ausserdem fanden wir auch die verrostete Heckklappe eines Pickups.
Mit diesen Materialien und ein paar duennen Baumstaemmen bauten wir uns eine gemuetliche Schutzhuette unter der wir nun auch bei Regen Feuer machen und essen koennen.
Ich muss sagen, ich war ganz schoen stolz als sie fertig war.
Abends legten wir uns ins Zelt und schauten noch einen Film auf Rodrigos iPad, das wir an der Zeltwand aufhaengten. Zusammen mit meinen portablen Boxen, war es fast wie im Kino.
Dank des Solarmoduls koennen wir die Geraete tagsueber problemlos laden.
Into-the-Wild Deluxe!

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Tag 7
Die letzten Tage hat es fast durchgehend in Stroemen geregnet. Doch es hilft alles nichts. Um nicht zu verhungern muss man morgens trotztem aus dem warmen, trockenen Schlafsack kriechen und auf die Jagd gehen.
Um den Bericht moeglichst kurz zu halten, fasse ich die letzten Tage zusammen.
Der typische Tagesablauf sieht wie folgt aus.
Gegen 9 Uhr stehen wir auf, laufen die 80m zum Unterstand,essen ein bisschen von unserem Reisvorrat und pumpen Wasser mit dem Filter aus dem Fluss fuer den bevorstehenden Tag. Wahrscheinlich kann man das Wasser auch direkt trinken. Da man bei Durchfall jedoch eine Menge wichtiger und muehsam gewonnene Naehrstoffe verliert, wollen wir das Risiko jedoch so gering wie moeglich halten.
Anschliessend sind wir etwa 5-8 Stunden mit Angeln, Jagen und Pilze sammeln beschaeftigt, wobei wir taeglich etwa 10 km am Fluss entlang und durch den Wald laufen. Bei der Rueckkehr sind wir jedes Mal gespannt, ob unsere Sachen noch so da liegen, wie wir sie verlassen haben.
Jetzt wird Feuer gemacht und die Faenge des Tages gegessen. Anschliessend beginnt meist schon die Daemmerung und wir bereiten uns fuer die Nacht vor. Die Kleidung, die zum Kochen verwendet wurde, muss gewechselt werden und wir ziehen uns 4-5 Schichten an, da es nachts schweinekalt wird. Danach wird noch ein letztes mal gepinkelt, bevor wir uns auf dem Weg zum Zelt machen. Im Umkreis von 80m des Zeltes darf aufgrund der wilden Tiere nicht gepinkelt werden. Und nachts aus dem Zelt zu gehen waere zu gefahrlich. Das heisst es bleibt einem nichts anderes ueber, als mit dem Pinkeln bis zum naechsten Morgen zu warten.


Tag 8
Heute entdeckten wir keine 30m von unserem Zelt entfernt die Ueberreste eines gerissenen Elches. Ueber mehrere Quadratmeter erstrecken sich die Fellreste und ueberall sind riesige Knochen verteilt. Zum Glueck sind jedoch keine Fleischreste mehr vorhanden, weshalb keine Gefahr mehr bestehen sollte. Dennoch kein besonders beruhigendes Gefuehl, einen wohl recht grossen Baeren als Nachbarn zu haben.
Ausserdem fanden wir ganz in der Naehe Fussspuren eines Pumas. Die handgrossen, katzenaehnlichen Abdruecke mit ihren riesigen Krallen waren deutlich im Ufersand zu erkennen.
Ab sofort lassen wir doppelte Vorsicht walten und haben das Baerspray und den Bearbanger jederzeit griffbereit am Guertel haengen.
Nach Tagen des Regens kam heute endlich wieder die Sonne raus und zeigte sich von ihrer besten Seite. Es ist keine Wolke am Himmel und es hat bestimmt ueber 30 Grad. Das nutzten wir aus, um unsere Waesche im Fluss zu waschen und auch wir konnten uns endlich wieder gruendlich waschen. Dazu liefen wir ein Stueck stromaufwaerts und liessen uns von der Stroemung zum Ausgangspunkt zuruecktreiben. Ein Heidenspass! =)
Spaeter angelten wir noch ein paar Forellen und fanden einen ganzen Haufen frischer Pilze. Dazu schossen wir sogar noch ein Eichhoernchen. Zum Abendessen gab es also gegrillte Forelle mit in Eichhoernchenfett gegarten Pilzen und dazu geroestetes Eichhoernchen. Koestlich! Fast wie beim Tiger und dem kleinen Baer von Janosch.
Eichhoernchen schmeckt uebrigens wie Huehnchen.

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Tag 11
Inzwischen scheint uns das Glueck verlassen zu haben. Wir fangen seit Tagen nahezu keine Forellen mehr und wenn dann nur sehr kleine. Ich fuehle mich schwach und muede und mir wird oft schwarz vor Augen, wenn ich aufstehe. Ich glaube ich habe auch schon einige Kilo abgenommen. Das schlaegt sich auch ganz schoen auf die Psyche nieder. Mir ist jedoch bewusst, dass das nur an der ( hoffentlich voruebergehenden) Unterernaehrung liegt. Das spornt mich an, nicht aufzugeben und zu versuchen die Stimmung mit allen moeglichen Mitteln einigermassen oben zu halten. Wir singen zusammen Lieder und goennen uns bei laengeren Maerschen oefters eine kleine Pause.
Mit der Hoffnung auf fischreichere Abschnitte des Flusses, haben wir uns inzwischen von unserem Lager verabschiedet, wo wir uns fast schon zuhause gefuehlt hatten und sind weiter flussabwaerts gezogen.
Mit den 20 kg Gepaeck auf dem Ruecken war jeder Meter eine enorme Anstrengung und wir mussten sehr oft Pausen einlegen. Zu allem Unglueck mussten wir an einer Stelle auch noch wohl oder uebel wieder den Fluss ueberqueren. Ein Stueckchen entfernt fanden wir jedoch einen umgefallenen Baum, der komplett ueber den Fluss ragte. Als ich vorsichtig drueber balanciert, rutsche ich ab, plumpste in die Stroemung und konnte mich nur mit Muehe am Stamm festklammern, wobei ich mir den ganzen Koerper aufschuerfte. Aus eigener Kraft schaffte ich es nicht, mich wieder hochzuziehen und schaffte es nur mit Rodrigos Hilfe wieder auf den Stamm und rueber ans rettende Ufer. Dieser verlor bei der Aktion auch noch sein Baerenspray. Jetzt bleibt uns nur noch das meine.
Voellig durchgefroren und geschwaecht beschlossen wir hier einen Tag Pause zu machen, um neue Kraft fuer den Weitermarsch zu schoepfen.
Kaum hatten wir uns ins Zelt gelegt, schlief ich auch schon erschoepft ein. Doch kurz darauf weckte mich Rodrigo mit panischem Gesichtsausdruck auf. Keine 40 cm neben meinem Kopf, ausserhalb des Zeltes hatte er etwas hecheln gehoert. Als ich aufhorchte, nahm ich nur noch tapsende Schritte wahr, die sich entfernten. Mit Taschenlampe und dem verbleibenden Spray bewaffnet oeffneten wir das Zelt, leuchteten in die Dunkelheit, konnten jedoch nichts sehen. Nachdem wir noch ein paar furchterregende, maennliche Schreie gelassen hatten, krochen wir wieder zurueck ins Zelt.
Ein Wolf, Puma oder Baer? Alles nicht gerade sehr angenehme Schlafpartner...
Die Nacht wurde eine der kaeltesten. Trotz Unterhemd, 2 T-Shirts, Longsleeve und 3 Fleecejacken fror ich im Schlafsack.

Tag 12
Ich brauche Essen. Seit Tagen dreht sich jeder zweite Gedanke darum, was ich essen werde, wenn ich wieder in der Zivilisation bin.
Wir muessen irgendetwas anderes finden, das wir essen koennen, sonst halten wir das nicht mehr lange aus.
Ich weiss, dass man geroestete Loewenzahnwurzeln mahlen und daraus ein kaffeeaehnliches Getraenk brauen kann. Ob man sie auch als eine Art Gemuese essen kann?
Zur Probe sammelten wir ein paar der Wurzeln, legten sie im Mosquitonetz ein paar Stunden in den Fluss um die Bitterstoffe auszuwaschen und kochten sie anschliessend. Schmeckt nicht besonders gut, aber macht einigermassen satt. Ich bin gespannt, wie der Koerper darauf reagiert.

Tag 13
Nach dem Aufstehen fuehlte ich mich viel fitter als sonst! Ich habe keine Bauchschmerzen und auch sonst keine Beschwerden. Das mit den Wurzeln scheint zu funktionieren! Ab sofort werden sie auf den taeglichen Speiseplan aufgenommen.
Ausserdem fand ich heute ein ganzes Gebuesch von Brennnesseln, deren Samen geroestet fast wie Popcorn schmecken! hmmmm... Die Hungerzeiten sind jetzt hoffentlich vorueber!

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Tag 21
Wir befinden uns inzwischen 6 km von der Ortschaft Elkford. Da wir alle guten Spinner und Blinker im Fluss verloren haben, konnten wir die letzte Woche nur 3 Forellen angeln. Auch die Rebhuhnjagd fiel sehr spaerlich aus. Mit jedem Tag fuehle ich mich schwaecher. Die Wurzeln und Samen decken den Energiebedarf bei Weitem nicht. Gestern konnte ich eine Stunde lang nicht aufstehen, da mir jedes Mal schwarz vor Augen wurde.
Inzwischen dreht sich nicht nur tagsueber jeder Gedanke ums Essen, sondern auch nachts hat jeder Traum mit Essen zu tun.
Wir muessen uns eingestehen, dass wir an die koerperlichen Grenzen gekommen sind und dringend in die Zivilisation muessen.
Um weitermachen zu koennen, braeuchten wir eine zweite Angel, mehr Spinner und Blinker (Koeder) und mehr Kenntnisse ueber essbare Pflanzen hier in der Gegend.

Tag 22 - Rueckkehr in die Zivilisation
Nachdem wir uns die 6 km nach Elkford geschleppt hatten (ein Dorf mit geschaetzten 100 Haeusern, aber einem riesigen Supermarkt) schnappten wir uns einen Einkaufswagen und kauften nach herzenslust Essen ein. Das Paradies! Reines Gluecksgefuehl! Rrrrrriiiihhaaaa!! Wir hatten zwei Stunden lang ein Grinsen im Gesicht!
Weisse Vollnussschokolade, Erdnussbutter, Sandwiches, Chili con Carne, Fladenbrot, Schokotorte, Cola, Snickers, Muffins, Melone, Avocado, Apfel und Banane.
Das Gefuehl endlich wieder ausgiebig essen zu koennen war unbeschreiblich!!

Spaeter fand ich ein kleines Fitnessstudio mit einer Waage, wo ich mit Schrecken feststellte, dass ich 10 kg abgenommen hatte. Ich bin mal gespannt, wie lange ich brauche, die wieder auf die Rippen zu bekommen.

Da wir ein Teil unserer Sachen bei unserem Couchsurfer in Calgary gelagert hatten, mussten wir als naechstes wieder dorthin gelangen. Aus dem Nest fortzukommen gestaltete sich als nicht einfach. Selbst auf dem Highway fuhr nur etwa alle 10min ein Auto vorbei. Nach ein paar Stunden hielt jedoch tatsaechlich jemand an, der uns bis Calgary mitnahm, wo wir am spaeten Abend dann ankamen.
Muede aber gluecklich schlugen wir unser Zelt am Stadtrand hinter einem Muellcontainer auf. Jetzt raechte sich die Voellerei. Der Bauch spannte und ich hatte starkes Sodbrennen, sodass ich nur wenige Stunden schlafen konnte.
Dennoch fuehlte ich mich am naechsten Tag voller Energie und Tatendrang. Wir erfuhren, dass der Couchsurfer fuer ein paar Tage nicht daheim sei, wir jedoch gerne in seiner Wohnung wohnen koennten.
Eine Wonne, nach einem Monat wieder unter der warmen Dusche zu stehen, sich zu rasieren und Waesche in der Waschmaschine gruendlich waschen zu koennen.

Ausblick
In den naechsten Tagen werde ich noch Bilder hochladen.
Morgen werde ich nach Kelowna trampen, ein wohl sehr schoenes Staedtchen in den Rocky Mountains und von dort dann weiter nach Vancouver.