Samstag, 26. September 2015

USA

Zusammen mit Vince und seiner Freundin Jess verliess ich Vancouver letzte Woche und machte mich auf nach Seattle. Die beiden wollten mich noch ein paar Tage begleiten und dann mit dem Bus zurueck fahren.
Wie vermutet wurden wir an der US-Grenze rausgezogen und es kostete mich eine Stunde die Grenzbeamten davon zu ueberzeugen, dass ich nicht illegal in die USA einwandern will. Nachdem Alfonso (mein Campervan) noch gruendlich durchsucht wurde konnten wir unsere Reise endlich fortsetzen.
Die naechsten beiden Tage verbrachten wir zusammen mit einem Kumpel von Vince, der in Seattle wohnt. Wir gingen wandern, bouldern, brauten Bier, tranken Bier, verbrachten einen Abend in einer Brettspiele-Bar, kochten Leckeres in Alfonso und hatten rundum viel Spass. Auf der Wanderung etwas ausserhalb der Stadt bekam ich sogar meinen ersten Kojoten zu Gesicht, der nur wenige Meter vor uns den Weg kreuzte.
Da mir die Stadt an sich aber nicht besonders gefiel, fuhr ich direkt weiter an die Kueste, nachdem Vince und Jess sich von mir verabschiedet hatten und beschloss dort den Oregon-Coast-Trail zu wandern, der ueber 600 km entlang der Westkueste verlaeuft.
So packte ich Proviant fuer etwa eine Woche ein, parkte Alfonso auf einem Langzeitparkplatz und fuhr mit dem Bus ins naechste Oertchen an der Kueste. Ich hatte gelesen, dass der Trail grossteils direkt am Wasser ueber Straende und Felsen entlang verlaeuft und nur manchmal ins Inland fuehrt. Drum lief ich einfach zum Strand und marschierte los Richtung Sueden.
Am Ende des Ortes ging der Strand von Sand in Kies ueber und spaeter in Felsbrocken. Links gingen die Klippen 20-30 m senkrecht nach oben und rechts breitete sich der endlose Pazifik aus. Total traumhaft!
Ein bisschen wunderte ich mich, dass ich den ganzen Tag keinem Menschen begegnete. Umso besser dachte ich mir.
Inzwischen ging es von Bucht zu Bucht, zwischen denen man immer mehr klettern als wandern musste.
Als ich an eine Stelle kam, die ich mir mit meinem schweren Rucksack nicht zu klettern traute, kam mir der Verdacht auf, dass ich mich vielleicht doch nicht auf dem richtigen Weg befand.
Nach kurzer Ueberlegung beschloss ich, vernuenftig wie ich bin, den ganzen Weg wieder zurueck zu laufen und weiter im Landesinnern nach dem Weg zu schauen. Doch schon eine Bucht weiter sah ich mit Schrecken, dass die Flut inzwischen so weit angestiegen war, dass ich nicht mehr zurueck konnte. Die Kletterpassage in die naechste Bucht lag schon unter Wasser und die gewaltigen Wellen klatschten gegen die Felswand.
Mir wurde ein bisschen mulmig zumute als ich den Ernst der Lage erkannte: mir blieben wenige Stunden, bis die Bucht vollkommen ueberschwemmt wuerde und ich entweder gegen die Felsen geklatscht oder ins offene Meer gezogen werde.
Ich musste also irgendwie Hoehe gewinnen um vor der Flut in Sicherheit zu sein. So lief ich die Wand ab und suchte nach der geeignetesten Stelle. Ehrlich gesagt sah alles zu gefaehrlich aus, um es ungesichert zu klettern, aber mir blieb keine andere Wahl und so kletterte ich bis zum ersten Felsvorsprung, der mir hoch genug erschien und auf dem ich sicher sitzen konnte.
Damit war die erste Gefahr schonmal gebannt. Dennoch keine schoene Aussicht, die naechsten 16 Stunden und vor allem die Nacht, hier sitzend verbringen zu muessen, unter mir das gewaltige Droehnen der Brandung. Da sah ich ein Stueckchen weiter einen Geroellhang, der zwar sehr steil war, aber weiter oben mit Gras bewachsen war und dort auch ein Baum schraeg herauswuchs.
Das sah um einiges bequemer aus. Ich kletterte also wieder herunter zum Strand und joggte zum Geroellhang. Der Aufstieg gestaltete sich schwerer als gedacht, da es noch steiler war, als es von unten aussah und die Steine immer wieder unter mir wegrutschten.
Ich war heilfroh, als ich endlich beim Baum ankam. Bloederweise fing es in diesem Moment auch noch zu regnen an und bis zum Horizont war der Himmel von einer dicken, grauen Wolkendecke bedeckt. Ich hatte also eine stockfinstere Nacht mit Regen vor mir.
Doch noch war es 15 Uhr nachmittags und hell. Ich wickelte mich in die Zeltplane ein und spannte das Ueberzelt so gut es ging auf, um einigermassen wind- und wassergeschuetzt zu sein. Gluecklicherweise hatte ich ein Seil dabei, das ich mir um die Huefte wickelte und am Baum fest band. Dann legte ich mich baeuchlings ueber den Baumstamm und versuchte ein Nickerchen zu halten. Tatsaechlich wachte ich erst eine Stunde spaeter wieder auf.
Auch in der Nacht konnte ich erstaunlich gut schlafen. Ich wachte zwar alle 30 Minuten auf, da mir entweder ein Bein oder Arm einschlief, aber nach einem Positionswechsel konnte ich weiter schlafen.
Kurz nach Sonnenaufgang wickelte ich mich aus der Zeltfolie, kletterte zum Strand hinunter und lief zum Ende der Bucht.
Die Flut schien jedoch noch nicht vorueber zu sein. Also setzte ich mich und wartete. In dieser Zeit wurde ich von einem ganzen Robbenclan beaeugt und konnte weiter draussen sogar einen Wal beobachten.
Als zur gleichen Uhrzeit, zu der ich am Vortag gestartet bin das Wasser immer noch zu hoch war um um die Klippen herum zu gehen, beschloss ich ueber sie drueber zu klettern. Hatte ich die Ebbe vielleicht schon verpasst?
Spaeter erfuhr ich, dass sie sich taeglich um eine Stunde verschiebt.
Also kletterte ich immer erst ohne Rucksack eine Route ab, um sie dann mit Rucksack zu wiederholen. Oben angekommen seilte ich ihn dann auf der anderen Seite ab und kletterte hinterher.
Nach drei Stunden hatte ich es endlich geschafft und war am Strand, der zum Dorf fuehrte. Da war ich dann doch sehr erleichtert.
Als ich an den ersten Haeusern vorbeilief sah ich in einer offenen Garage einen ganzen Stapel Surfboards. Der Besitzer war gerade da, drum fragte ich ihn, ob er nicht zufaellig eines davon verkaufen wolle. Das war leider nicht der Fall, aber er hatte einige Neoprenanzuege, von denen er mir einen billig verkaufen koenne. Anschliessend fragte er mich, ob ich nicht Lust haette eine Runde surfen zu gehen, die Wellen seien gerade optimal. Ich koenne gerne eines seiner Boards nehmen.
Da ich noch nicht viel Erfahrung mit Surfen gemacht hatte, gab er mir noch einen Crashkurs.
Den restlichen Vormittag ritt ich also laessig auf den Wellen des Pazifiks, vor denen ich am Vortag noch fluechten musste.


Nachmittags fuhr ich den Highway 101 weiter Richtung Sueden. Eine traumhafte Strasse, die sich die komplette Westkueste der USA entlangschlaengelt mit teilweise atemberaubendem Ausblick auf den Ozean.
Nach einem bilderbuchreifen Sonnenuntergang parkte ich auf einem Waldweg und plante eine 3-Tages Wanderung entlang des Wilson River, bevor ich totmuede aber gluecklich ins Bett kroch.


Am naechsten Morgen packte ich Zelt, Angel, Wasserfilter, Kocher und Proviant fuer sicherheitshalber vier Tage und marschierte los.
Ein sehr schooner Trail durch die Berge und entlang des Flusses, der kristallklares Wasser fuehrt, sodass man auf den teils metertiefen Grund schauen und Lachse beobachten konnte.

Inzwischen bin ich in Portland angekommen und habe noch eine Woche, bis Helen hier ankommen und den Rest der Reise zusammen mit mir verbringen wird.







Freitag, 11. September 2015

Mein neues, rollendes Zuhause

Seit einer Woche hat ein neuer Abschnitt meiner Reise begonnen. Die Zeiten des Trampens und Zeltens sind vorbei, endlich habe ich mein eigenes, rollendes Zuhause: ein Dodge RAM V8, Baujahr 1985. Mit Gasherd- und Backofen, Dunstabzugshaube, Kuehlschrank, Gefrierschrank, fliessendem Wasser, top Musikanlage und grossem Bett.
Hoffentlich bleibt er mir bis Suedamerika treu.



Inzwischen habe ich mich hier in Vancouver schon richtig eingelebt. Die meiste Zeit verbringe ich mit Vince und seinen beiden Mitbewohnern mit Basketball spielen, Fahrrad fahren, Stand-up Paddleboarden und kochen. Jeden Dienstag und Freitag abend spielen wir in einer Freizeitgruppe Badminton. Die restliche Zeit bastle ich an Alfonso (meinem Campervan) rum, liege am Strand oder gehe in der Umgebung wandern.
Nachdem ich Vince bei mehreren Bierbrau-Sessions geholfen habe, beschloss ich meine eigene Camper-Brauerei zu eroeffnen. Gesagt getan. Als ich das komplette Equipment beisammen hatte, wurde das erste "Camper-Brew" gebraut.
Ein sehr, sehr lustiger Abend im Camper mit Vince, seiner Freundin und seinem Vater. Mit Gitarre, Pizza und viel Bier.

So gut es mir hier in Vancouver auch gefaellt, zieht es mich dennoch langsam weiter gen Sueden. Am Samstag bin ich noch auf eine BBQ-Party der Badmintongruppe eingeladen, sodass ich mich am Sonntag oder Montag verabschieden und die US Grenze ueberqueren und nach Seattle fahren werde. Ich hoffe, dass es an der Grenze keine Probleme mit der Camper-Brauerei geben wird.