Freitag, 17. Juni 2016

über die Anden bis in den Dschungel



Bisher gefahrene Kilometer: 29500

Ecuador Teil 2

Auf dem Weg nach Latacunga liegt die Lagune Quilotoa. Wir machten den kleinen Schlenker um dort ein bisschen Wandern zu gehen. Die Lagune liegt jedoch auf knapp 4000m, weshalb wir, direkt von der Küste kommend, recht schnell außer Atem waren und nur eine kleine Runde liefen. Außerdem fing es an zu regnen, weshalb wir den Rest des Tages gemütlich im warmen Alfonso verbrachten. Vor der Tür kamen immer wieder Straßenhunde vorbei, unter anderem auch ein kleiner brauner Welpe. Nach kurzer Zeit kam Flo mit dem Welpen auf dem Arm in Alfonso und wir verliebten uns auf der Stelle in die Kleine. Sie schlief auf seinem Schoß ein und genoss es im Warmen und Trockenen zu sein. Wir konnten sie einfach nicht mehr in die Kälte rausschicken und beschlossen sie mitzunehmen, sie zu impfen und dann eine Adoptivfamilie zu suchen oder wenn's geht sie selbst mitzunehmen. Also wurde sie gründlich gewaschen, warm eingepackt und schlief die erste Nacht in Alfonso. Wegen ihres wuscheligen und ganz weichen Fells tauften wir sie Lana, was auf Spanisch Wolle bedeutet. Bevor wir sie tatsächlich mitnahmen fragten wir noch die Anwohner, ob sie wirklich keinen Besitzer hat, was diese bestätigten.
Und sie ist ein wirklich klasse Hund! Nach einem Tag stubenrein, liebt Autofahren (am liebsten aus dem Fenster schauend mit flatternden Ohren), hört perfekt auf unsere Kommandos, folgt uns problemlos bei Wanderungen in der Natur, sowie im Gedränge der Städte und hat einen riesen Spaß daran wenn Flo einen Knochen im Gras versteckt und sie ihn suchen darf. Seit dem sind wir also dabei uns zu informieren, wie das mit dem Import nach Deutschland funktioniert und wenn alles klappt lernt ihr sie bald kennen.

In Latacunga wollten wir die Mutter unseres ecuadorianisch-aachener Freundes Rodrigo besuchen und außerdem Pablo, Flos Freund aus Mexiko, mit seiner Freundin treffen. Rodrigos Mutter empfing uns unglaublich herzlich, servierte uns ein leckeres Mittagessen und anschließend gingen wir gemeinsam in die Stadt um Lana zu impfen und Pablo abzuholen. Isabell bestand darauf, dass wir alle im Haus schlafen, und wir hatten sehr viel Spaß beim abendlichen "Uno" spielen und Gesprächen über die deutsche und ecuadorianische Kultur. Den Tag darauf fuhren wir zum nahe gelegenen Vulkan Cotopaxi. Wir wanderten, spielten mit Lana und fuhren am Nachmittag auf der "ruta de los volcanes" (Straße der Vulkane) weiter zu den Iliniza Vulkanen. Dort erwartete uns die erste Straße, die Alfonso nicht schaffte. Auf knapp 4000m, steil und matschig. Wir versuchten es mit Schieben und Brettern unter den Reifen, gaben jedoch nach einer Weile auf und parkten auf halber Strecke. Dann gab es leckeren, frisch gebackenen Apfelkuchen mit heißer Schokolade und anschließend mexikanischen Tequila. 
Fürs Frühstück sammelten wir Pilze und verschiedene, essbare Blätter und Blüten und machten damit ein leckeres Rührei. Wir spazierten über die Wiesen und genossen das traumhafte Wetter und die Aussicht. Lana hatte einen riesen Spaß und hüpfte durch das hohe Gras, blieb aber immer in unserer Nähe. Mittags fuhren wir zurück nach Latacunga, wurden von Isabell lecker bekocht und weiter ging´s nach Baños.
Dort angekommen parkten wir neben einem Thermalbad. Leider war das jedoch nicht so romantisch wie wir es uns vorgestellt hatten, sondern eher ein Freibad mit Thermalwasser. Wir sparten uns also den Eintritt und badeten im Fluss. Auf dem Rückweg erwartete uns ein kleines Abenteuer, denn Flo wurde von einem Skorpion gestochen. Wir fuhren also noch zum Krankenhaus, wo er eine Kortisonspritze bekam und übernachteten gegenüber, um es im Zweifelsfall nicht weit zu haben. Der Skorpion war jedoch Gott sei Dank ungefährlich und für Flo nur wie ein Bienenstich.
Am nächsten Tag schlenderten wir durchs Dorf und anschließend sprangen Flo, Gina und Pablo nacheinander von einer 100m hohen Brücke – mit einem Seil gesichert versteht sich. Helen durfte wegen ihres Rückens nicht Bungee Jumpen, weshalb sie eine gute Ausrede hatte. Nachmittags fuhren wir die "ruta de las Cascadas" (Straße der Wasserfälle) mit einer wunderschönen Aussicht. Am Abend parkten wir neben einem Fluss und einer Mandarinenplantage.
Am nächsten Morgen lernten wir den Mandarinenbauer kennen und er führte uns über sein Grundstück und pflückte uns auf dem Weg eine riesen Tüte Mandarinen, Baumtomaten und Zitronen. Als kleine Revanche luden wir ihn auf einen Kaffee in Alfonso ein und schenkten ihm selbstgemachte Schokolade.

Das nächste Ziel war Riobamba. Dort verabschiedeten wir uns von Pablo und Gina, die weiter an die Küste wollten. Wir besuchten Paola  mit ihrer Familie, Flos Bekannte aus Aachen. Paolas Sohn ist schwer behindert, und wird in Aachen von einem deutschen Arzt gratis operiert, weshalb Andrés & Paula oft in Deutschland sind. Flo kennt die Beiden, da er immer wieder als Übersetzer geholfen hat. Bei der Familie angekommen wurden wir herzlich empfangen. Nach dem Abendessen spielten wir bis spät in die Nacht: erst Schach, dann Skipbo, dann Halligalli dann Memory. Für den nächsten Tag hatten wir einen kleinen Stadtbummel geplant und gingen anschließend Essen. Die Spezialität Ecuadors: Cuy (gebratenes Meerschweinchen). Gar nicht mal so übel, auch wenn es zumindest Helen ziemlich Überwindung gekostet hat. Wir verabschiedeten uns und fuhren weiter die Panamericana nach Cuenca.

In Cuenca bummelten wir durch die wunderschöne Altstadt und kauften uns die typischen Panama Hüte, die jedoch in Ecuador v.a. in Cuenca produziert werden. Am nächsten Tag fuhren wir in den Nationalpark "Las Cajas" wo wir eine kleine Wanderung machten. Eine wunderschöne Hügel und Seenlandschaft, aber auf 4000m sind schon kleine Anstiege, zumindest für Helen, eine echte Herausforderung. Wir sahen eine Gruppe Lamas, die ganz begeistert waren von Lana und immer näher kamen, die wiederum hatte Angst vor den unbekannten Tieren und versteckte sich hinter Flo.

Generell gibt es in Ecuador unglaublich viele Nationalparks und fast alle sind gratis. Ecuador ist zwar ein ziemlich kleines Land in Südamerika, hat aber Alles zu bieten. Von traumhaften Inseln über schöne Strände, die gigantischen Anden, Vulkane, bis zum wilden Dschungel des Amazonas. 
Wir verließen das Land also nach einem Monat mit vielen tollen Eindrücken, neuen Bekanntschaften, kiloweise Kakao und einem super tollen, kleinen Hund.
Um uns den lästigen und teuren Papierkram für die Grenzüberquerung zu sparen, zogen wir Lana kurz vor der Grenze einfach das Halsband aus und tarnten sie dadurch als Straßenhund. Während Flo die Papiere für Alfonso erledigte, spazierte Helen mit ihr einfach rüber nach Peru.

Der Dschungel in Peru

In Peru angekommen war die Landschaft schon wieder ganz anders. Wir fuhren durch eine Art Wüste ohne einen Berg weit und breit, bis wir wieder auf die Anden zusteuerten. Diese überquerten wir um ins Amazonasgebiet zu kommen. In den ersten Fahrtagen machten wir auch direkt wieder Bekanntschaft mit den Polizisten des Landes. Allesamt waren jedoch super freundlich und gaben uns gute Tipps für die Weiterreise. Von der Grenze waren es gut 1000 Kilometer und 4 Tage bis wir in Yurimaguas ankamen – die letzte Stadt im Dschungel, die per Landweg erreichbar ist.

Dort stellten wir Alfonso ab und machten eine 3 Tages Dschungeltour mit einem Einheimischen als Guide. Mit einer Fähre fuhren wir 13 Stunden nach Lagunas, gemeinsam mit zahlreichen Hühnern, Eisklötzen als Kühlschrankersatz für die Einheimischen und weiterer Waren, die es im Dschungel nicht gibt. In Lagunas angekommen holte uns Democrito, unser Guide am Hafen ab, wir fuhren zum Haus der Familie und bekamen noch ein kleines Abendessen. Am nächsten Morgen um 8 Uhr ging's los. Wir packten unsere Sachen und beluden das kleine Fischerboot. Die meisten der kleinen Boote sind aus nur einem Holzstamm geschnitzt und manche davon mit einem Motor ausgestattet.
Eingepackt wurden v.a. Moskitonetz, Matratzen, Kiloweise Reis und Kochbananen und ein Fischernetz und los geht's!

Democrito saß am Steuer und wir konnten es uns bequem machen, genossen die Aussicht, streckten unsere Bäuche in die Sonne und Lana suchte sich ein schattiges Plätzchen. Nach einer Weile kamen wir zu einer Stelle wo sich die kleineren, grau-rosanen Delfine tummelten. Wir machten den Motor aus und schauten ihnen zu. Wirklich beeindruckend, wie nah die Delfine zu den Booten kamen. Dann ging es ab vom großen Fluss in einen Kleineren, der in eine Lagune mündete. Der Nebenfluss war von wildem Urwald gezäumt, so dass wir uns teilweise unter umgefallenen Bäumen bücken mussten und durch ein Meer von Wasserpflanzen fahren. Die Luft war erfüllt von den Stimmen des Urwalds: Papageien, Grillen, Frösche, Affen die in den Bäumen raschelten, das klatschen des Wassers wenn hier und da ein vom Piranha gejagter Fisch aus dem Wasser sprang.
Angekommen an der Lagune suchten wir uns einen Platz zum übernachten und bauten das Lager auf: mit großen Palmblättern legten wir eine Fläche aus um darauf unsere Matratzen und Moskitonetze aufzubauen. Dann spannten wir eine Plastikplane über in die matschige Erde gerammte Baumstämme und banden sie mit Lianen fest. Es sah zwar nicht nach Regen aus, aber sollte er kommen, konnte er uns nichts anhaben. Wir waren sehr froh über Tines Moskitozelt, da so weder Moskitos, Spinnen und andere Krabbeltiere uns einen Besuch abstatten konnten. Und trotzdem lagen wir unter dem klaren Sternenhimmel.
Als das Lager aufgebaut war fuhren wir nochmal kurz raus um das Netz auszulegen um Fisch fürs Frühstück zu fangen. Vor dem Schlafengehen wollte Flo noch eine Runde schwimmen. Kam aber recht schnell wieder aus dem Wasser, da duzende kleine aggressive Fische seine Nippel anknabberten. Helen entschied sich also für den schnellen Eimer am Ufer. Wegen der Moskitos ging das jedoch auch recht schnell.
Die Nacht war wirklich ein Erlebnis. Das Gefühl mitten im Dschungel zu liegen, zwischen allerlei wilden Tieren, unbekannten Krabbelkäfern, Glühwürmchen und in einem Schwarm von Moskitos, denen es egal ist ob man in Autan gebadet hat. Als erstes am Morgen holten wir das Netz ein. Da Lana mit einem Fischskelett das sie gefunden hatte beschäftigt war und nicht mit aufs Boot wollte sind wir ohne sie los. Schon nach kurzer Zeit sahen wir, wie sie sich am Ufer durch das Dickicht schlug um mit dem Boot mitzulaufen. Sie schaute uns immer wieder mit ihren Knopfaugen traurig an, fiebte und versuchte ins Wasser zu gehen um zu uns zu kommen. Glücklicherweise traute sie sich aber nicht, wer weiß, ob Hund eine Piranha Delikatesse ist.

Wir hatten einen großen Fang: bestimmt 6 "Panzerfische" von denen man jedoch nur die Hälfte essen kann, weshalb wir nur 2 behielten, 5 Fische verschiedener Sorten und 4 kleine Piranhas, wovon wir jedoch auch nur 1 aßen, da alle noch recht klein waren. Als wir den ersten Piranha ins Boot geholt hatten wollte Flo natürlich gleich testen, wie spitz sein Zahn denn wirklich ist. Dabei unterschätzte er jedoch, dass der Fisch auch außerhalb des Wassers unglaublich schnell ist und kassierte eine tiefe Bisswunde im Finger. Zurück an Land machten wir ein Feuer und kochten den Fisch zusammen mit Kochbananen in einer Brühe aus Zwiebeln, Tomaten und Salz. Unser ganzes Essen kochten wir mit dem Flusswasser, dass wirklich nicht besonders appetitlich aussieht, da es ziemlich braun und schlammig ist. Das Essen schmeckte jedoch richtig lecker. Wahrscheinlich verfeinerte die einzigartige Umgebung den Geschmack. Nach dem Essen packten wir alles zusammen und fuhren weiter flussabwärts. Da gerade Sommerbeginn im Amazonasgebiet ist, sinkt der Wasserspiegel mehrere Meter. Die Ufer waren also unglaublich schlammig und immer wieder bricht ein Stück vom Ufer ab und fällt ins Wasser. Aus diesem Grund werden die Flüsse jedes Jahr breiter. 

Während Democrito das Boot zum "Rio Negro " steuerte machten wir es uns auf bequem. Dort angekommen tummelten sich die großen, rosanen Delfine im Wasser. Der "Rio Negro" (schwarzer Fluss) macht seinem Namen alle Ehre: mit einem Schlag ist das Wasser nichtmehr trübbraun sondern klar und erscheint schwarz. Das Wasser kommt aus den Bergen und ist deshalb besonders sauber, vermischt mit der Dschungelerde und den Pflanzen die regelmäßig ins Wasser kippen hat das Wasser eine klare, dunkle Farbe. Da es langsam dunkel wurde übernachteten wir in dem kleinen Dorf am Flussufer. Wir durften unsere Matratzen und Moskitonetze in einem der Häuser aufstellen und mussten kein aufwändiges Nachtlager bauen. Im Nachhinein hat uns die Nacht im Freien jedoch am besten gefallen. Wieder legten wir das Netz für unseren Frühstücksfisch aus.

Noch vor Sonnenaufgang standen wir auf und holten das Netz ein. Diesmal war der Fang nicht so groß, aber genug fürs uns drei. Unter anderem war ein halber Fisch im Netz. Da kam uns ein Piranha zuvor und hat den Fisch verspeist. Auf dem Rückweg machten wir bei den rosa Delfinen halt und beobachteten sie eine Weile. Immer wieder kamen sie laut prustend und platschend aus dem Wasser um Luft zu holen. Direkt neben und manchmal auch unter dem Boot stiegen Luftblasen auf und man wusste genau, dass dort gerade ein Delfin vorbeischwimmt. Als sich langsam unsere Mägen meldeten fuhren zurück ins Dorf um unser Frühstück zu machen. Kochen konnten wir auf der Feuerstelle in der Küche – into the wild deluxe eben.

Anschließend fuhren wir flussaufwärts zurück nach Lagunas. Auf dem Weg machten wir an einer Stelle halt, wo der "Ojé" Baum wächst. Dessen Saft, gemischt mit Alkohol und Zucker soll ein wahres Wunderelixier sein. Es hilft gegen Parasiten und gibt einem nebenbei ganz neue Lebenskraft. Wir wollen das natürlich ausprobieren, weshalb Democrito mit uns ein paar der Bäume suchte und wir den Saft sammelten. Mit der Machete schlugen wir Furchen in die Rinde und sammelten das weiße Blut des Baumes. Es war gar nicht so einfach die Tropfen einzufangen und wir waren bestimmt 2 Stunden beschäftigt um 200ml zu sammeln. Lana tobte in der Zeit wie wild durch den Dschungel, hüpfte durch das Dickicht und wälzte sich im schlammigen Ufer und hatte einen riesen Spaß. Kurz vor Sonnenuntergang kamen wir in Lagunas an.
Wir hatten eine richtig schöne Zeit und unglaublich Glück mit dem Wetter. Zahlreiche Eindrücke, einen Haufen Moskitostiche, ein Piranha(ge)biss und eine Flasche Urwaldmedizin reicher fuhren wir zurück nach Yurimaguas. 

Dort duschten wir erstmal ausgiebig, wuschen auch Lana gründlich und machten uns auf den Weg Richtung Anden. An einer Tankstelle erlebten wir noch ein kleines Abenteuer: Bei den Tankwarten saß ein kleiner, zahmer Affe. Er setzte sich immer wieder auf Motorräder die zum Tanken vorbeikamen, gab uns die Hand, umklammerte uns mit seinem langen Schwanz und dann entdeckte er Lana. Wir mussten sie schnell in Alfonso bringen und alle Türen und Fenster zu machen, damit der Affe sie nicht erwischt, denn er mochte keine Hunde. Er kletterte Minutenlang auf Alfonso herum, blickte in die Fenster, schaute unter das Auto und suchte Lana. Die Tankwarte erzählten uns, dass der Affe aus dem gegenüberliegenden kleinen Zoo kommt und wir beschlossen noch schnell diesen Zoo zu besichtigen um uns die Urwaldtiere nochmal aus der Nähe anzuschauen, ein paar davon erkannten wir wieder...